Rechtsanwaltsblog

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Kommunikation in digitalen Medien und journalistische Sorgfaltspflicht

Freitag, Oktober 19, 2018

Erst kürzlich sorgte der Prozess gegen Sigrid Maurer für Aufsehen, Stichwort journalistische Sorgfaltspflicht bei Kommunikation in digitalen Medien. Heute ist in der Gratis-Zeitung von Österreich ein Tweet von Luca Kaiser, Sohn von Peter Kaiser, dem Landeshauptmann von Kärnten, Thema des Tages.

Wenn Kommunikation auch von Nicht-Journalisten durch digitale Medien derart breite Öffentlichkeitswirkung entfaltet, kann es nicht wirklich überraschen, dass daran erhöhte Sorgfaltspflichten geknüpft werden.

Problematisch ist aber, dass nur wenigen digital kommunizierenden bewusst ist, dass sie durch öffentliche Publikation in privaten Facebook oder Twitter Accounts rechtlich als Medieninhaber (§ 1 Abs. 1 Z 8 Mediengesetz) agieren und dadurch auch die journalistische Sorgfaltspflicht nach § 29 Mediengesetz für sie gilt. Im Einzelfall sind dadurch natürlich auch möglicherweise vom Gesetzgeber ungewollte oder möglicherweise nicht bedachte Ergebnisse möglich. Die Gesetzeslage hinkt modernen Entwicklungen nämlich zuweilen hinterher.

Wenn jeder digital kommunizierende potentiell sogar eine breitere Öffentlichkeit erreichen kann, als manche Zeitungen, wird es grundsätzlich notwendig sein, von diesem eine vergleichbar erhöhte Sorgfaltspflicht zu verlangen. Auch wenn digitale Kommunikation jedem Einzelnen die grundsätzlich positive Möglichkeit gibt, sich breites Gehör zu verschaffen, birgt sie das Risiko als digitaler Pranger missbraucht zu werden.

Bis Gerichte dazu kommen, einen Sachverhalt zu verhandeln und aufzuklären, ist durch die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemachte Anschuldigung oftmals bereits immenser Schaden eingetreten.

Eine aktuelle Aussage im BVT Untersuchungsausschuss rückt die Tatsache in das Scheinwerferlicht, dass sich Aussagen unter Wahrheitspflicht vor Gerichten und Behörden (oder Untersuchungsausschüssen, Anm.) mit Aussagen in digitalen Medien zuweilen nicht decken. So räumte der Zeuge ein: „In ORF-Interviews steht man nicht unter Wahrheitspflicht.“ Diese Aussage drückt nüchtern aus, dass in digitaler Kommunikation oftmals erheblich übertrieben wird oder leichtfertig Anschuldigungen vorgebracht werden, welche in einem Prozess nicht mit der erforderlichen Sicherheit bewiesen werden könnten.

Ob man derartige Entwicklungen für gut befindet, hängt sicherlich mit der eigenen Einstellung dazu zusammen, wie weit es zur Bestrafung von delinquentem Verhalten in Kauf genommen werden sollte, dass dabei mitunter Unschuldige unter die Räder kommen.

Aus rechtlicher Sicht kann jedem digital kommunizierenden nur der einfache Rat gegeben werden, sich jedes Posting oder jeden Tweet vor Veröffentlichung nochmals in Ruhe durchzulesen und sich dabei zu fragen, ob man dies auch öffentlich auf einem Marktplatz, im Fernsehen, in Zeitungen oder vor Gericht und Behörden sagen würde. Für den Fall das nicht, sollte darauf verzichtet oder zumindest besser privat und nicht öffentlich kommuniziert werden. In Sonderheit Veröffentlichungen zum Zwecke der Bloßstellung anderer Personen sollten per se mit erhöhter Sorgfalt behandelt werden. 

Es schadet zudem nicht ein gewisses Niveau auch in digitaler Kommunikation beizubehalten. Selbst wenn es oftmals heißt, dass in Sonderheit Politiker bodenständiger kommunizieren sollten, meint damit wohl niemand den tiefsten zu findenden Boden. Es sollte uns allen daran gelegen sein, dass sachlicher Austausch niemals aus der Mode kommt und zwar auch dann, wenn man sich in der Sache selbst nicht einig ist.

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